Volle Haftung des rückwärts Ausparkenden bei Parkplatzunfall

Der rückwärts Ausparkende haftet komplett im Falle einer Kollision mit einem Fahrzeug, das im hinteren Bereich des ausparkenden Fahrzeuges einfährt, wenn für dieses das Zurücksetzen nicht zu erkennen war.

 

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Das Fahrzeug des Beklagten war auf einem Parkplatz beim rückwärts Ausparken mit dem klägerischen Fahrzeug zusammengestoßen. Die Klägerin war in den hinteren Bereich des ausparkenden Fahrzeuges eingefahren, ohne dass das Zurückfahren erkennbar war.

 

Das Landgericht hat hierbei eine Mithaftung von 25 % gesehen und deshalb die Klage teilweise abgewiesen. Die Berufung auf Klägerseite vor dem OLG hatte Erfolg.

 

Das LG hat fälschlicherweise die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges mit einer Haftungsquote von 25 % festgesetzt und folglich zu Unrecht die Klage teilweise abgewiesen.

Die Klägerin konnte hier den Beweis führen, dass der Beklagte seine Pflichten aus §§ 1 II i.V.m. 9 V StVO verletzt hat. Der Senat geht davon aus, dass der Beklagte aus einer Parkfläche rückwärts gefahren ist und hierbei spätestens bei der Rückwärtsfahrt die Klägerin hätte sehen müssen bzw. können und damit den Unfall hätte vermeiden können.

Die StVO ist auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen grundsätzlich anwendbar. Hieraus folgte nach dem Senat jedoch nicht, dass § 9 StVO auf Parkplätzen unmittelbar anzuwenden ist.

Dem entgegen ist es jedoch dem Beklagten nicht gelungen nachzuweisen, dass die Klägerin das Rückwärtsfahren zu einem Zeitpunkt hätte erkennen können, an dem ihr das Anhalten und somit die Vermeidung der Kollision noch möglich gewesen wäre.

Im Rahmen der Abwägung der einzelnen Verursachungsbeiträge tritt somit die Betriebsgefahr der Klägerin vollständig hinter die Pflichtverletzung des Beklagten zurück.

Demnach haftet der Beklagte vollumfänglich, weshalb die Berufung begründet ist.

OLG München Endurteil vom 01.12.2021 – 10 U 1833/21= BeckRS 2021, 37839